Lahnfahrt 30.06.2024

von

Die „Lahn für Geniesser“

Eine unendliche Geschichte von Planänderungen.

Die Ruderboote sind überprüft und verladen, wir starten am frühen Sonntag, den 30. Juni 2024, mit dem Vereinsbus der „Undine“ Richtung Norden und erreichen das Hotel-Restaurant „Dammühle“ bei Marburg pünktlich zum Mittagessen im Biergarten. Hier treffen wir auch unsere Gäste Bettina und Martin. Unsere Unterkunft ist eine idyllisch an einem kleinen Bach gelegene alte Fachwerk-Mühle, geschmackvoll restauriert und mit hervorragender Gastronomie. Das Haus liegt abseits in der Natur, Mobilfunk-Empfang gibt es hier nicht.

Den Nachmittag nutzen wir für eine Stadtführung, die Carlo gerne macht, da er hier 20 Jahre lang gewohnt hat.

Marburg an der Lahn ist eine historische und durch die vielen Studenten lebendige Stadt. Wir starten bei der imposanten Burg, die hoch über der Stadt thront. Unser Weg führt uns durch die mittelalterliche Oberstadt, mit ihrer beeindruckenden Architektur der Fachwerkhäuser und über die gotischen Elisabethkirche geht es bis hinunter zur Lahn. Durch die schweren Unwetter der letzten Nacht ist die sonst beschauliche Lahn zu einem breiten, braunen Fluss mit viel Strömung geworden. Wegen dieses Hochwassers sagt der Kanuvermieter „Lahntours Aktivreisen“ auch unsere für morgen geplante Kanutour ab. Von nun an kommt alles anders als geplant.

Wir entscheiden gemeinsam, dass wir versuchen sollten, die für Dienstag geplante Radtour vorzuziehen. Der Radvermieter „Velociped Marburg“ ist flexibel und bestätigt unsere Umplanung. Wir müssen unsere Räder nur selbst abholen.

So starten wir am Montag unsere Radtour durch das hügelige Marburger Umland. Durch das Lahntal geht es zur Schmelzmühle bei Salzböde, dann über die Etzelmühle nach Kehna. Im Café Zamandi geniessen wir dort den frisch gerösteten Kaffee und leckeren Kuchen. Auf den 42 km können wir so manchen Radweg nicht nutzen, denn auch diese sind aufgrund von Schlamm und Matsch unpassierbar. Kurz vor dem Ziel landen wir dann doch noch im Sumpfgebiet einer Quelle und müssen ein Stück die Räder schieben. Nur Jürgen besteht die Überquerung mit trockenen Schuhen, denn er wagt es, das Gebiet zu durchfahren. Er hat das auch unbeschadet geschafft. Gut gelaunt sind wir am Nachmittag zurück in der Dammühle und löschen dort unseren Durst im Biergarten. Hier erreicht uns eine erfreuliche Nachricht: wir können morgen Kanu fahren!!

Dienstag morgens starten wir unserer Kanutour in Roth an der nicht ruderbaren oberen Lahn. Die Tour führt uns durch eine vollkommen naturbelassene Landschaft. Die angekündigten Eisvögel oder schwarze Schwäne verstecken sich leider. Auch wenn der Scheitel des Hochwassers durch ist, die Strömung ist immens. Kurz vor der Mittagspause in Odenhausen öffnet der Himmel seine Schleusen. Wir haben jetzt Stromschnellen unter uns und Starkregen von oben. Da es beim Imbiss in Odenhausen keinen Glühwein gibt, muss ein Kaffee mit Kuchen reichen. Nach dieser eher kurzen Pause paddeln wir bei trockenem Wetter bis zum Ziel an der Badenburg oberhalb von Gießen. Eine große Gruppe vom Kanuten (Freizeitaktivität des Deutschen Roten Kreuzes), die nach uns auf’s Wasser gegangen ist, bricht bei der Mittagspause ihre Tour ab. Sie können uns keinen größeren Gefallen tun, denn nun kann „Lahntours“ uns schon – statt wie geplant um 16:00 - um 14:30 Uhr am Ziel abholen und zurück zum Undine-Bus bringen.

Hier endet unser Prolog an der oberen Lahn. Wir holen den Hänger an der Dammühle ab und laden die Boote am Ruderverein in Weilburg ab. Mit nur einer Stunde Verspätung erreichen wir Limburg um 18:00 Uhr und begrüssen unsere neu angereisten Mitruder*innen. Wir sind im zentral in der historischen Altstadt gelegenen Hotel „Nassauer Hof“ mit Blick auf die Lahn untergebracht, unserem Ruderrevier für die nächsten drei Tage.

Von Weilburg bis Limburg fließt die Lahn nur teilweise gestaut (Schleusen mit Selbstbedienung), aber auch mit einigen Flach- und Strömungsstellen. Wegen des Hochwassers herrscht dort jetzt sogar eine deutliche Strömung mit einigen Strudeln („Wildwasser-Rudern“). Dies werden wir dank unserer erfahrenen Steuerleuten jedoch hervorragend meistern. Ab Limburg ist die Lahn dann eine „Bundeswasserstraße“ mit bedienten Schleusen. Die Staustufen folgen enger aufeinander, so dass immer eine garantierte Wassertiefe vorhanden ist und die Aufstauung für eine geringe Strömung sorgt.

Der Fluss schlängelt sich wunderschön und sehr idyllisch vorbei an Mischwäldern mit teils steilen, bewaldeten Berghängen sowie vielen Kirchen, Burgen und Schlössern.

Am ersten Abend speisen wir gemeinsam im Restaurant „Tafelspitz“ in Limburg, das seinem Namen alle Ehre machte Der Tafelspitz mit der berühmten „Frankfurter Grünen Soße“ ist ganz ausgezeichnet, genauso wie alle anderen Gerichte.

Ausgeschrieben war die Wanderfahrt als „Lahn für Geniesser“ und wir genießen in der Tat jeden Tag aufs Neue, das generationenübergreifende Rudern von U30 bis Ü80, das gute Essen und die tolle Gemeinschaft – den gelegentlichen Regen einmal ausgenommen.

Nach dem hervorragenden Frühstück machen wir uns am Mittwoch auf den Weg Richtung Weilburg, wo die beiden Boote „Radolfzell“ und „Etz‘ Höri“ beim dortigen Ruderverein lagern. Schon hier zeigt sich, wie perfekt die Tour geplant war: ohne Landdienst können wir jeden Tag mit dem Undine-Bus, öffentlichem Nahverkehr und/oder PKWs zu den Booten und zurück nach Limburg kommen. Leider macht uns das Wetter schon am ersten Rudertag einen Strich durch die Rechnung und es musste immer wieder neu geplant werden.

Vorgesehen war für den ersten Tag eine Strecke von 25 km, tatsächlich beenden wir die Fahrt schon nach 8 (acht !) km: heftiger Regen würde die Weiterfahrt sehr ungemütlich gestalten. Aber auch diese kurze Strecke ist überaus erlebnisreich: wir rudern durch den einzigen Schiffstunnel Deutschlands mit einer Länge von fast 200 m und in diesem Kanaltunnel ist es richtig, richtig dunkel. Das Ruderkommando lautet also: Sonnenbrillen absetzen! Dann folgt gleich eine Doppelschleuse und wenig später eine weitere Schleuse mit heftigem Sog vor dem Schleusentor. Alle Schleusen müssen wir selbst bedienen. Das war sehr zeitaufwändig: statt nur auf ein Knöpfchen (oder zwei) zum Öffnen und Schliessen der Schleusentore zu drücken, müssen unsere „Schleusenwärter“ Tim und später auch Jürgen mühsam jeden Torflügel einzeln per Hand öffnen und schließen, die Schleusenkammer leeren und fluten. Dafür ist kräftiges Drehen und Kurbeln sowie häufiges Hin- und Herlaufen angesagt, während die Mannschaft mehr oder weniger entspannt im Boot sitzt.

Am frühen Nachmittag erreichen wir die erste (und letzte) Etappe des Tages. Das Anlegen in Gräveneck ist wegen der heftigen Strömung schwierig. Eine Anlegetreppe ist verrottet und zugewachsen, die Slipanlage für Kanuten sehr eng und sehr steil. Der „Sandstrand“ ist zwar besser geeignet, aber matschig. Wer hier aussteigen muss, hat immerhin eine kostenlose Fangopackung inklusive.

Im Restaurant „Lahnterrasse“ beschließen wir, die Rudertour abzubrechen. Der Regen ist zu heftig und die Zeit zu knapp für weitere 17 km und 3 Selbstbedienungsschleusen. Da die Züge der DB wegen Bauarbeiten aktuell nur vormittags fahren, müssen wir mit dem Schienenersatzverkehr zurück zu unserem eigentlichen Tagesziel Runkel fahren, wo der Undine-Bus auf uns wartet. Jetzt zeigt sich auch, warum es „Wanderrudern“ heißt: die Bushaltestelle befindet sich nicht, wie man erwarten könnte, am Bahnhof in der Nähe des Restaurants. Nein: wir müssen etwa 1,5 km bergauf zur einzigen Haltestelle im Ort wandern. Ganz zur Verwunderung der Einheimischen, die wahrscheinlich noch nie so viele Menschen an der Bushaltestelle gesehen haben.

Den späteren Nachmittag geniessen wir in kleineren Gruppen in Limburg (malerische Altstadt mit vielen Fachwerkhäusern, markanter Buntsandstein-Dom nebst Bausünden des ehemaligen Bischoffs direkt über der Lahn …) und dann beim Abendessen.

Am Donnerstag geht es zunächst mit dem Zug wieder zu unseren Booten nach Gräveneck. Das Zu-Wasser-Lassen der Boote ist genauso zeitaufwändig und schwierig wie das Anlegen am Vortag. Obwohl uns das Wetter in Form eines unerwarteten heftigen Platzregens mit Hagel auch dieses Mal nicht verschont, schaffen wir an diesem Tag die (neu) geplanten 28 km bis Limburg einschliesslich der 3 selbst zu bedienenden Schleusen. Schlau ist, wer die mitgeführte Regenjacke bei sich am Ruderplatz gestaut hat und sie nicht gut verpackt im regenfesten Rudersack im Bug oder Heck des Bootes angebunden hatte. V

or der wohlverdienten Mittagspause auf dem Kiesstrand in Runkel gibt es noch eine schwierige Schleusenausfahrt mit starker Querströmung vom Wehr. Schon am Abend vorher haben wir uns dort aber gut informiert, wie man dies am besten meistern kann. Und es klappt dann auch bei beiden Booten hervorragend.

An diesem Tag kommen wir so zeitig in Limburg beim dortigen Ruderverein an, dass die Zeit noch für ein (alkoholfreies) Abschluss-Bier in der „Obermühle“ reicht.

Beim gemeinsamen Abendessen im Restaurant „Burgkeller“ wird dann unter viel Gelächter der Ablauf des nächsten letzten Tages geplant und erklärt.

Leider, leider, der aufmerksame Leser ahnt es schon, kommt dann alles wieder ganz anders als geplant. Wegen Unterbesetzung und Krankheit rudern wir am Freitag, dem Abreisetag, nur 15 km mit zwei bedienten Schleusen von Limburg bis Balduinstein.

Auch das ist keine schlechte Entscheidung. Die Boote müssen nach dem Anlegen verladen werden, das kann dauern! Und so können wir vor der Heimfahrt beim Bootsverleih noch einen Kaffee trinken und ein Eis essen. Wir sind dann, wie geplant 12, gegen 21:30 Uhr, zurück in Radolfzell.

Fazit:

Die Lahn war Anfang Juli noch nie so idyllisch und einsam wie bei unserer Tour.

Die häufig sehr zahlreichen und oft alkoholisierten Freizeit-Kanuten haben wir ganz sicher nicht vermisst. Aber wir haben die Lahn auch noch nie so wild (Hochwasser) und mit viel starker Strömung erlebt.

Aussergewöhnlich war ohne Zweifel jedoch das ständige Trainieren der Lachmuskulatur bei allen Teilnehmern.


Diese Wanderfahrt war ein ganz besonderes Erlebnis.

Danke an Ute und Carlo für die perfekte Planung und Organisation. Die Steuerleute Ute, Carlo und Martin haben uns souverän auch an schwierigen Stellen gesteuert.

Und besonderer Dank an die „Schleusenwärter“ Tim und Jürgen, die viele, viele Schleusen bedient haben.

Und grosses Lob und Anerkennung nicht zuletzt an die immer gut gelaunte flexible Mannschaft!

Diese wunderbare gemeinsame Zeit wird Allen als harmonische, erlebnisreiche und – trotz der Herausforderungen durch „Wildwasser-Rudern“, häufigen Regen und ständige Planungsänderungen – entspannte Exkursion an die Lahn in Erinnerung bleiben.

Text: Birgit, Ute und Carlo

Photos: Bettina und Ute

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